Presserecht: Personengruppen der Zeitgeschichte
Allein die Darstellung und Veröffentlichung von Bildmaterial über absolute Personen der Zeitgeschichte hat einen erhöhten Öffentlichkeitswert. In den überwiegenden Fällen dominiert dabei das öffentliche Interesse an der Berichterstattung. Welche Personengruppen sind als absolute Personen der Zeitgeschichte zu definieren? Dazu gehören u. a. bekannte Sportler, Künstler und Schauspieler, bedeutende Politiker, maßgebliche Repräsentanten der Wirtschaft und Gesellschaft, Angehörige von regierenden oder repräsentierenden Königs- oder Fürstenhäusern, bekannte Personen aus TV und Radio, bekannte Wissenschaftler und Musiker. Mit dem Begriff „absolute Personen der Zeitgeschichte“ lässt sich erklären, wieso bekannte Politiker oder Prominente auch in weniger schönen Situationen fotografiert werden dürfen.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) übte allerdings Kritik an der Unterscheidung zwischen absoluten und relativen Personen der Zeitgeschichte und entschied bei einer Beschwerde eines Fürstenhauses differenzierter. Der EGMR lässt nur dann die Veröffentlichung von Fotos bekannter Persönlichkeiten ohne Einwilligung zu, wenn dadurch zu einer Diskussion von allgemeinem Interesse beigetragen werde. Dies sei, so der EGMR, bei Bildmaterial das die Abgebildeten lediglich bei Details in ihrem Privatleben zeige, nicht der Fall. Daraus ergibt sich eine bedingte Bindungswirkung für die nationale Rechtsprechung. Das Bundesverfassungsgericht hat daraufhin für Klarheit gesorgt: Die Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention und die Rechtsprechung des EGMR dienen lediglich als Auslegungshilfen für die Festlegung von Inhalt und Reichweite.
In welchen weiteren Fällen dürfen Bilder, ohne dass erforderliche Einwilligung gem. §22 KUG vorliegt, veröffentlicht oder dargestellt werden? Gemäß §23 KUG ist dies dann erlaubt, wenn die dargestellten Personen an Demonstrationen, Versammlungen, festlichen Umzügen oder ähnlich gelagerten Vorgängen teilnehmen. Ob hingegen die an einer Demonstration beteiligten Ordnungskräfte bzw. Polizisten ebenfalls abgebildet werden dürfen ist strittig. Dagegen spricht, dass Ordnungskräfte oder Polizisten nicht Teilnehmer der Demonstration sind, sondern diese nur begleiten bzw. absichern. Polizisten nehmen in diesem Zusammenhang die pflichtgemäße Erfüllung einer polizeilichen Aufgabe wahr. Die Freiheit der Presseberichterstattung bzw. die der Foto-Presse gilt nicht nur eingeschränkt für die Versammlung oder Demonstration, sondern auch für den Rahmen, in dem sie stattfindet.
Und auch für die Wirkung, die sie entfaltet. Aus diesem Grunde ist die Abbildung von Polizisten in vielen Fällen zulässig, aber nicht in allen. Letzteres ist der Fall, wenn berechtigte Interessen nach § 23 Abs. 2 KUG einer Veröffentlichung entgegenstehen. Polizisten können bei spektakulären Einsätzen oder Übergriffen selbst zu relativen Personen der Zeitgeschichte werden und eine Abbildung gemäß § 23 Abs.1 Nr.1 KUG wäre zulässig. In diesen Situationen ist es auch zulässig, Portraitaufnahmen von Polizisten zu veröffentlichen, wenn ein exponiertes Verhalten dieser Beamten gegeben ist. Ansonsten wäre dies nicht zulässig und auch nicht durch §23 Abs. 1 Nr. 3 KUG gedeckt.